
Vom Kulttelefon zum Retrogerät: Wie Nokia den Mobilfunkthron verlor
Noch vor zwei Jahrzehnten galt Nokia als Synonym für Mobilfunk. Die Marke dominierte den Weltmarkt, ihre Geräte galten als unverwüstlich, innovativ – und waren nahezu in jeder Hosentasche zu finden. Doch der Aufstieg war nicht von Dauer.
Mit der Präsentation des ersten iPhones begann eine tektonische Verschiebung in der Branche, die Nokia aus der Spitzenposition katapultierte. Während Apple und später auch Samsung die Smartphone-Revolution anführten, reagierte Nokia zu spät, zu zögerlich – oder am Markt vorbei.
Gegründet 1865 als Papiermühle in Südwestfinnland, entwickelte sich Nokia über Umwege – etwa über Gummistiefel und Radios – zum Telekommunikationsriesen. 1982 präsentierte das Unternehmen sein erstes Autotelefon. Noch zehn Kilogramm schwer, aber ein technologischer Meilenstein. Fünf Jahre später folgte das Mobira Cityman 900: „nur“ noch 800 Gramm schwer, mit langer Antenne, Schlaufe zum Tragen und Tasten wie Bauklötze. Doch der Weg in die Hosentaschen dieser Welt begann mit dem Nokia 1011 – eines der ersten Geräte mit GSM-Unterstützung.
Snake, Akkulaufzeit, Unverwüstlichkeit
Nokia wurde zur Mobilfunk-Ikone: Robuste Geräte, langlebige Akkus, markantes Design. Ab 1997 war Snake vorinstalliert – und wurde zum popkulturellen Phänomen. Modelle wie das 3210 – erstmals ohne externe Antenne – und das legendäre Nokia 1100, das sich über 250 Millionen Mal verkaufte, sicherten dem Unternehmen seit 1998 die Marktführerschaft.
Doch der digitale Wandel machte auch vor Nokia nicht Halt – im Gegenteil. Das erste iPhone, vorgestellt 2007, markierte einen Wendepunkt. Apple brachte nicht nur ein neues Gerät, sondern ein neues Ökosystem. Design, Software, Touchscreen – Nokia konnte nicht mithalten. Die Reaktion kam spät: Eine Kooperation mit Microsoft und die Lumia-Reihe mit Windows-Betriebssystem blieben hinter den Erwartungen zurück.
Niedergang und Neuausrichtung
2012 verlor Nokia die Marktführerschaft an Samsung. Ein Jahr später ging die Handysparte an Microsoft. 2016 gab auch der US-Konzern die Namensrechte wieder ab. Heute liegen sie bei HMD Global, das unter dem Kultnamen Retrohandys neu auflegt – Geräte, die sich durch Schlichtheit bewusst vom Smartphone-Alltag abgrenzen.
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