
Wohnkrise in Niederösterreich: Ein alternatives Wohnmodell trotzt der Lage
Niederösterreich steht vor einer wachsenden Wohnraumkrise. Die Zahl an neuen Wohneinheiten ist eingebrochen – 2025 werden laut Prognosen nur rund 3.700 Neubauten realisiert, ein dramatischer Rückgang von 40 % gegenüber dem Vorjahr. Während klassische Bauvorhaben kaum noch zu stemmen sind, gewinnen alternative Wohnmodelle an Bedeutung – so etwa das Gemeinschaftsprojekt „Auenweide“ im Bezirk Tulln.
In St. Andrä-Wördern haben sich acht Wohnhäuser aus Holz um einen zentralen Platz gruppiert. Hier leben 48 Erwachsene und 26 Kinder gemeinsam – nicht nur räumlich, sondern auch im Alltag. Autos, Waschmaschinen, Spielplätze und Gemeinschaftsräume werden geteilt, Entscheidungen gemeinschaftlich getroffen. Die Initiative lebt vom Prinzip: Miteinander statt Nebeneinander.
„Für mich ist das die Wohnform der Zukunft“, sagt Mitgründerin Nadja Mürwald gegenüber dem ORF. Der generationenübergreifende Ansatz – von jungen Erwachsenen bis zu über 70-Jährigen – stärke den sozialen Zusammenhalt, so Mürwald: „Wir können uns austauschen, man kann sich gegenseitig befruchten und gegenseitig helfen. Das hilft auch gegen Vereinsamung und für die Kinder ist das überhaupt superschön.“
Finanziell unabhängig durch einen Vermögenspool
Ein entscheidender Schlüssel zum Erfolg liegt in der Finanzierung: Statt auf klassische Bankkredite setzt das Projekt auf einen solidarischen Vermögenspool. Dabei investieren neben den Bewohnern rund 150 externe Anleger Kapital in das Projekt. Die Mindestanlage beträgt 5.000 Euro, nach oben gibt es keine Grenze – der höchste Betrag lag bei 700.000 Euro.
Trotz alternativer Struktur ist das Modell juristisch abgesichert. Eine Treuhänderin verwaltet die Einlagen im Grundbuch, die Liquiditätsreserve liegt bei rund zehn Prozent des gesamten Pools. Anleger können mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist aussteigen.
Nadja Mürwald hat sogar ihr Erbe in das Projekt investiert – nicht für Rendite, sondern aus Überzeugung. „Es freut mich, dass es einem guten Zweck zugute kommt und natürlich so günstige Mieten ermöglicht.“ Für viele Bewohner steht fest: Dieses Modell ist mehr als Wohnen – es ist ein Lebenskonzept.
In einer Zeit explodierender Baukosten, zurückgehender Fertigstellungen und wachsender sozialer Verwerfungen, zeigt die Auenweide: Leistbares Wohnen und menschliches Miteinander sind kein Widerspruch – wenn man den Mut hat, neue Wege zu gehen. Die große Frage lautet: Wollen Politik und Gesellschaft diesen Pfad unterstützen?
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