Transparenz ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie und mittlerweile unverzichtbarer Bestandteil unserer Politik. Parteien müssen ihre Finanzen dem Rechnungshof offenlegen. Gemeinden müssen ihren Bürgerinnen und Bürgern Einblick in Budgets und Beschlüsse geben. Selbst kleinste Vereine müssen haargenau aufzeigen, wofür sie Förderungen verwenden. Nur bei den NGOs ticken die Uhren offenbar anders.

Der Kontrollausschuss deckte den Skandal auf

Ein Beispiel aus Brüssel: Rund 30 NGOs kassieren jährlich Millionenbeträge aus EU-Steuergeldern. Der offizielle Verwendungszweck? Umweltschutz. Doch was passiert mit diesem Geld wirklich? Speziell meine Kollegen im Haushaltskontrollausschusses (dem Prüfungsausschuss des Europäischen Parlamentes) haben hier Vorgehensweisen an das Licht geführt, die mehr als fragwürdig sind.

Verträge zwischen der Generaldirektion Umwelt (also dem „EU-Umweltministerium“) und ausgewählten NGOs, die lange unter Verschluss gehalten wurden, zeigen: Einige Organisationen wurden tatsächlich von der Kommission selbst verpflichtet, gezielte Kampagnen gegen EU-Abgeordnete und die Kommission zu organisieren.

Demos, Mails, Telefonterror für das Renaturierungsgesetz!

Als EU-Abgeordneter bekommt man dann solche Kampagnen gut zu spüren. Zum Beispiel an den Tagen vor der Abstimmung zum Gesetz zur Wiederherstellung der Natur gab es zahlreiche Demos für das Gesetz vor dem EU-Parlament, tausende Massenmails und zig Anrufe im Büro, die alle ein Ziel hatten: „Das Gesetz muss unbedingt beschlossen werden!“ Dass diese Kampagnen dann teilweise durch EU-Mittel finanziert sind und dadurch sich hier der eine oder andere Abgeordnete womöglich umstimmen lassen kann, ist mehr als bedenklich und meiner Meinung nach ein waschechter Demokratieskandal. Es wird der Grundsatz der Gewaltenteilung verletzt und untergräbt das Vertrauen in europäische Politik.

Sie fordern Transparenz – und schweigen über die eigenen Verträge

Unternehmen, Landwirtschaftsverbände oder Bürgerinitiativen müssen jeden Cent offenlegen. NGOs hingegen dürfen hinter verschlossenen Türen Vereinbarungen treffen, deren Inhalte selbst Europaabgeordneten lange nicht zugänglich waren. Und das ironischerweise genau jene Organisationen, die bei jeder Gelegenheit maximale Transparenz und moralische Überlegenheit für sich reklamieren.

Ich sage ganz klar: Ja, NGOs können und sollen Förderungen erhalten – wenn sie damit konkrete Umweltprojekte umsetzen. Aber es darf nicht sein, dass diese Mittel zweckentfremdet werden, um politische Kampagnen in Brüssel zu finanzieren.

Sonderbehandlung von NGOs muss aufhören

Wer öffentliches Geld erhält, muss sich auch öffentlichen Regeln unterwerfen. Das gilt für Parteien. Das gilt für Gemeinden. Und das muss auch für NGOs gelten.

Daher werden wir uns in Brüssel stark machen, dass wir diese rechtliche Grauzone beendet wird und jeder Fall der hier noch ans Tageslicht kommt, wird und dabei mehr bestärken. EU-Förderungen dürfen nicht für politische Einflussnahme missbraucht werden. Schluss mit der Sonderbehandlung. Zeit für echte Transparenz – gerade bei jenen, die sie am lautesten einfordert.

Alexander Bernhuber, geboren 1992, ist österreichischer Landwirt. Seit 2019 ist er Mitglied des Europäischen Parlaments, wo er der EVP-Fraktion angehört und Agrar- und Umweltsprecher der ÖVP-Delegation ist.