Die Arbeiter, eine sozialdemokratische Kindesweglegung

Schon seit dem Buch „Die Arbeitslosen von Marienthal“, geschrieben von den Starsoziologen der 1930er Jahre Jahoda, Lazarsfeld und Zeisel, wissen wir, dass demoralisierte, ignorierte und abgehängte soziale Gruppen keineswegs aktiv werden und gegen ihre missliche Lage ankämpfen, sondern in Antriebslosigkeit fallen und sich ihrem Schicksal widerstandslos ergeben. Die Wiener Wahlen haben gezeigt, dass dieses soziologische Grundprinzip noch immer Gültigkeit hat. Die von der SPÖ verlassenen alten Arbeiterschichten haben bei den Wiener Wahlen nicht einmal mehr die FPÖ gewählt. Enttäuscht vom gesamten politischen System sind sie am Wahltag einfach zu Hause geblieben. Zu vernehmen war folgender Grundtenor: „Die da oben machen sowieso, was sie wollen, für die sind wir doch nur nützliche Idioten. Haben sie einmal unsere Stimmen, machen sie mit diesen nur noch das, was ihnen persönlich nützt.“ Der Verrat der SPÖ an der ehemaligen stolzen Arbeiterklasse hat dazu geführt, dass diese nun der gesamten Politikerkaste misstrauen.

Der Arbeiter: ausgetauscht gegen Hipster-Bobos

Prolet oder Arbeiter sind heute keine ehrenhaften Begriffe mehr, sondern Abwertungsvokabel. Als Proleten gelten jene, die die hochgestochene Linksrhetorik der Wiener Festwochen nicht verstehen. Und unter dem Überbegriff Arbeiter rubriziert man die, die nicht mit dem Standard unter dem Arm und metrosexuellem Dutt am Kopf am Abend mit der U-Bahn nach Hause fahren, sondern in dreckigen, mit Baustaub bedeckten Arbeitsklamotten. Anstelle dieser erbärmlichen Kreaturen hofiert die SPÖ nun die Hipster-Bobos. Diese fahren ihre Kinder mit dem Lastenrad in die Schule, stehen freudig erregt am Straßenrand und applaudieren, wenn die halbnackten Derwische der Queer-Bewegung über den Ring tanzen und bekommen wässrige Äuglein der Rührung, wenn der Wiener Bürgermeister bei durchdringendem Geheule eines muslimischen Vorbeters am Ende des Ramadans das Fasten bricht. Das ist neu, das ist modern, das ist achtsam, das ist ökologisch, das ist tolerant, das ist die Attitüde der schönen neuen Welt, in die wir gerade Einzug halten.

Desaströse Wahlbeteiligung in Wien

Bei den Wahlen in Wien hat die SPÖ wenig verloren, die FPÖ gewonnen und die ÖVP ist sang- und klanglos untergegangen. Und Neos und Grüne haben ihre Stammwähler eingesammelt, mehr aber auch nicht. Allen Parteien aber gemeinsam ist, dass sie mitverantwortlich sind für eine unterirdische Wahlbeteiligung, die gerade einmal bei 60 Prozent zu liegen kam. Über 400.000 Wähler haben dankend darauf verzichtet, ihre Stimme abzugeben. Einem aufmerksamen und ehrlichen Beobachter konnten die Gründe dafür nicht entgehen, es war eine bisher noch nicht da gewesene Lustlosigkeit, die sämtliche Wahlkampagnen prägte. Sie waren ambitionslos hingeschludert, so als wären sie eine lästige Pflichtübung und wenn sie originell sein wollten, dann in einer Art, in der sie nicht einmal bei unter äußersten Unlustbedingungen gehaltenen Priesterseminaristen eine Reaktion der leichten Erregung evoziert hätten.

SPÖ-Strategie der systematischen Demobilisierung

Schon Jahre ist es her, dass ich ein Papier des damaligen Chefstrategen der SPÖ, Günther Ogris, zufällig zu Gesicht bekam. Das spröde und blasse Geschreibsel hatte sein einziges Überraschungsmoment in der Andeutung eines Konzeptes zur systematischen Demobilisierung der FPÖ-Wählerschaft. Um diese zu erreichen, sollte den rechtspopulistischen Unterhaltungs- und Harmoniemilieus, also der jungen und der alten Arbeiterklasse, alle Kultur-typische Energiezufuhr entzogen werden, d.h. keine aufregenden Politikdebatten, keine spektakulären Wahlkampfevents, keine emotionalen Kontroversen und die Aussparung aller Themen, die die FPÖ in die Rolle des heroischen Herausforderers bringen könnten. Und genau nach der Ogris-Doktrin ist der SPÖ-Wahlkampf 2025 gelaufen. Die Ludwig-Partei erstickte den Versuch, Eins-zu-Eins-Duelle im ORF zu bringen schon im Ansatz. Dem von der SPÖ abhängigen ORF wurde auf subtile Weise zu verstehen gegeben, dass diese unerwünscht seien. Und der ORF verstand und nahm sie aus dem Repertoire. Auf Plakaten und in Werbetrailern trat die SPÖ konsequent die Flucht in die Abstraktion an. Konkrete Themen wie Teuerung, Migration, Kriminalität, Energiekrise oder Schulmisere wurden totgeschwiegen. Anstelle dessen gab es viel Rhetorik über Zusammenhalt, süßliches Generationen-Geschwafel, theatralisches Arbeitsplatz-Palaver und das alles eingefasst in die Super-Leer-Formel „Es geht um Wien“. Die SPÖ operierte in diesem Wahlkampf wie eine Noise-Cancelling-Anlage, wie eine Gegenschallmaschine, die alles absorbiert, was Unruhe, Aufregung, Ambition, Engagement, Initiativgeist, Eifer und aktives Interesse in die Wählerschaft hätte bringen können. Nachdem Neos, Grüne und ÖVP auch nichts für einen konfrontativen Wahlkampf zu tun bereit waren, wollten sie den alten Löwen im Rathaus doch keinesfalls vergrämen, um sich die Chance auf eine Koalition nicht zu vertun, blieb die ganze Szenerie des Wahlkampfs leblos und todlangweilig. Selbst die FPÖ verfiel nach und nach in eine starre, fast höfisch anmutende Noblesse. Ihr Jargon passte mehr nach Döbling und weniger nach Simmering. Aber in Döbling gibt es für die Blauen nichts zu gewinnen und in Simmering wird bürgerliche Etikette weder goutiert noch mit Wählerstimmen belohnt.

Darf man den Begriff „Bevölkerungsaustausch“ verwenden?

Das Ergebnis der Wahl, die tatsächlich aufgrund der Demobilisierung der Wählerschaft der Flächenbezirke eine Minderheitenfeststellung war, ist eine vernichtende Niederlage der Mitte-Rechts-Parteien. Kaum ein Drittel der abgegebenen Stimmen konnten sie auf sich vereinigen, alle anderen fielen an die linken Blockparteien. Damit wurde die wahrscheinlich letzte Chance vertan, Wien vor dem Fall in die multikulturelle Agonie zu bewahren und die Hegemonie einer Stadtkultur mitteleuropäischer Prägung zu erhalten. Eine Entwicklung, die Thilo Sarrazin schon 2010 für Deutschland vorausgesagt hat und die dort nun in zehnfacher Stärke eingetreten ist – die immer stärkere Substitution von Inländern durch Migranten – wird auch Wien mit voller Wucht erfassen. In Deutschland wurden im Jahr 2023 693.000 Kinder geboren, die Hälfte von ihnen hatten Migrationshintergrund. Österreich hatte im Jahr 2023 einen Wanderungssaldo von plus 66.629, d.h. es sind mehr Leute ins Land ein- als ausgewandert. In derselben Zeit ist die Zahl der Nicht-Österreicher um ca. 70.000 gestiegen, die Zahl der Österreicher ist um 17.068 zurückgegangen. Was gerade passiert, könnte man, wenn man das dürfte, Bevölkerungsaustausch nennen. Wien wird davon besonders betroffen sein. Viele Wiener erkennen heute ihre Stadt schon nicht mehr, fühlen sich fremd im eigenen Grätzel. Aber das ist nur der Anfang. Geht alles so weiter, wie beschrieben, ist in zwanzig Jahren in Wien ein muslimischer Bürgermeister möglich. Wien wird dann sein wie London. Wenn sich Briten dort gegen die fremdkulturelle Landnahme auch nur verbal zur Wehr setzen, werden sie drakonisch bestraft. Toleranz für Menschen, die die westliche Kultur bewahren wollen, gibt es nicht. Die Unterwerfung unter den Willen außereuropäischer Opfergruppen ist längst Pflicht. Schon Kinder werden angehalten, ihre weißen Privilegien zu reflektieren. So entsteht ein Sklavenvolk ohne Selbstbewusstsein und Selbstachtung. Die christlichen Kirchen sind als perfekte Anstalten eines erbarmungslosen Schuld- und Opferkultes bekannt. Von der woken linken Selbstgeißlerbewegung können aber selbst sie noch einiges lernen.