
Christian Klar: Wien bleibt Wien...oder doch nicht?
Es ist ein wunderschöner, warmer und sonniger Tag. Er lädt ein zum Eis essen. Wir sind mit dem Auto unterwegs, an der Kreuzung steht links und rechts von uns ein Auto. Links allein im Auto am Steuer eine junge Frau mit Niquab und Abaya (das Gesicht ist mit Ausnahme des Kinns frei). Sie hat beide Hände am Steuer, gehüllt in schwarze Handschuhe. Ich sehe nach rechts: Im Auto zwei junge Männer mit langen oben ausrasierten Bärten. Ich reagiere mit Unmut, das löst eine Diskussion im Auto aus. Offenbar kleidet sich die Frau freiwillig so, seinen Bart darf man sich wachsen lassen, wie man möchte. Ich bleibe dabei, dass man auch das Recht hat, das nicht zu mögen.
Am nächsten Tag sind wir alle zu Hause, ich hole frisches Gebäck für das gemeinsame Frühstück. Es bedient mich eine sehr freundliche junge Frau mit Kopftuch, der Hals verdeckt, unter der Firmenbluse ein langärmeliges Shirt. An einem der Tische sitzen zwei junge Frauen und frühstücken, eine trägt Niquab und Abaya, die andere offenes Haar und einen bodenlangen Rock.
Neuerlicher Szenenwechsel, der Wochenendeinkauf steht an. In einem Supermarkt beobachte ich eine Frau mit Niquab und Abaya (das Kinn ist bedeckt, der Rest des Gesichts frei) und einen Mann mit langem oben ausrasiertem Bart. An der Kassa stellt sich heraus, die beiden gehören zusammen. Ich bin nicht überrascht.
Einige Tage davor war ich öffentlich in Floridsdorf unterwegs. Innerhalb von zehn Minuten treffe ich drei vollverschleierte junge Frauen, zwei hatten einen eigenen Gesichtsschleier, eine eine FFP2-Maske zu Niquab und Abaya. Zwei der drei trugen schwarze Handschuhe, eine konnte mit ihren Handschuhen perfekt ihr Smartphone bedienen. Ich habe nicht ausreichend Zivilcourage, sie darauf aufmerksam zu machen, dass das Verhüllen des Gesichts verboten ist.
„Ich möchte diese Erscheinungsformen des politischen Islam nicht"
Alle diese Personen waren höflich und freundlich oder hatten keine Berührungspunkte mit mir. Trotzdem habe ich mich unwohl gefühlt und dachte bei mir: „Ich möchte diese Veränderung nicht!“ Gleichzeitig überlegte ich, ob ich mich selbst reflektieren muss, schließlich hat mich niemand bedroht. Letztlich bleibe ich dabei: All diese Merkmale sind nicht angeboren, sie sind veränderlich, daher ist es kein Rassismus, sie nicht zu mögen. Diese Merkmale sind auch keine religiöse Vorschrift, sie sind ein Politisches Statement für Veränderung unserer Gesellschaft. Zuerst langsam und schleichend, mit der Zeit immer deutlicher, immer häufiger, immer selbstbewusster und immer fordernder.
Während ich darüber nachdenke, ob mein Gefühl politisch korrekt ist oder nicht, wird mir auch klar, dass es kein islamisch geprägtes Land gibt, in dem „unsere“ Grundwerte wie Demokratie, Gleichberechtigung von Mann und Frau, individuelle Entscheidungsfreiheit über die eigene Sexualität, Einhaltung der UN-Menschenrechte, persönliche Freiheit solange man die öffentliche Ordnung nicht stört, Religionsfreiheit und Vieles mehr Gültigkeit haben. Wie fühlen sich wohl jene Menschen, die genau solchen Regimen den Rücken gekehrt haben und nach Europa gekommen sind, um nun von genau den gleichen Entwicklungen schon wieder eingeholt zu werden?
Ich bleibe dabei: Ich möchte diese Erscheinungsformen des politischen Islam nicht. Sie widersprechen unseren gesellschaftlichen Werten nutzen unsere offene und freie Gesellschaft, um ein unfreies System zu etablieren. Wer die tolerante Welt erhalten möchte, muss intolerant gegenüber den Intoleranten sein.
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