
Kommentar Alex Todericiu: Visa-Waiver – neuer Schengen-Fluch für die Rumänen?
Der politische Schwarze Schwan ist gelandet – kurz vor dem Wahlkampf am 4. Mai, wenn ein neuer Staatspräsident vom Volk gewählt werden soll. Unerwartet vielleicht, aber nicht unverdient.
Was die Regierung in Bukarest des Ministerpräsidenten Marcel Ciolacu seitens der PSD (Sozialdemokraten) als hart erarbeiteten Triumph diplomatischer Anstrengungen verkaufte, ist über Nacht zum politischen Bumerang geworden. Die USA haben die visafreie Einreise auf unbestimmte Zeit vertagt – offiziell wegen „technischer Überprüfungen“. De facto aber steht Rumänien wieder einmal vor verschlossenen Türen. Schengen lässt grüßen – diesmal heißt das Tor: „Visa-Waiver“, bedeutet „visumfreier Zugang“.
Im konkreten Fall bezieht sich das auf das Visa Waiver Program (VWP) der USA. Dieses Programm erlaubt Bürgern bestimmter Länder, ohne Visum für touristische oder geschäftliche Zwecke bis zu 90 Tage in die USA einzureisen – vorausgesetzt, sie beantragen vorher eine elektronische Reisegenehmigung (ESTA).
Ein weiterer Schlag für die Rumänen in letzter Minute. Damals, bei der Schengen-Erweiterung kam er aus Wien, heute aus Washington. Ein Déjà-vu mit bitterem Beigeschmack: Immer wenn Rumänien zum Sprung ansetzt, wird es zurückgepfiffen?!
George Simion, 38 Jahre alt, rechtskonservativer Präsidentschaftskandidat und Vorsitzender der zweitstärksten Partei im Parlament, bringt es auf den Punkt: „Ich habe davor gewarnt – nun ist es Realität.“
Während die Regierung beschwichtigt und von reiner US-Verwaltung spricht, verweist Simion auf ein pikantes Detail: Zeitgleich mit der US-Entscheidung veröffentlichte die amerikanische Presse einen Bericht über rumänische Migranten an der Nordgrenze. Für Simion wahrscheinlich kein Zufall.
Der Rückschlag kommt zu einem heiklen Zeitpunkt in Rumänien: Am 4. April beginnt der Präsidentschaftswahlkampf. Und was die Regierung zuvor als diplomatischen Erfolg gefeiert hat, ist nun verpufft wie Nebel in der Morgensonne…
Simion dreht den Spiegel nicht nach außen, sondern nach innen: „Wir müssen Rumänien zu einem Land machen, in das man zurückkehren will – nicht einem, das man verlässt.“
Der Visa-Waiver ist nicht einfach nur ein Reiseprivileg. Er ist für viele Rumänen zum Symbol geworden – für Anerkennung, Vertrauen, Zugehörigkeit. Dass dieses EU-Land nun erneut auf dem Bahnsteig steht, während der „Zug der Zugehörigkeit“ abfährt, ist für viele mehr als eine Verzögerung. Es ist eine Mahnung. Ein Fluch? Vielleicht. Der im Inneren beginnt – und nur dort auch gebrochen werden kann.
Dr. Alex Todericiu, geb. 1967 in Bukarest, ist ein österreichischer Unternehmensberater
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