“Ich kann das Wort Demokratie nicht mehr ausstehen“, sagte Peter Handke in einem kürzlichen Interview mit dem ORF. Der Kärntner Literatur-Nobelpreisträger des Jahres 2019 reagierte mit diesen Worten auf die Frage, was er zur sinkenden Beliebtheit der liberalen Demokratie und dem Vormarsch rechter Parteien sage.

Mit Blick auf die Legitimitätskrise der liberalen Demokratie führte Handke im ORF-Interview weiter aus: „Frankreich sagt immer, wenn ein Urteil kommt: Die Richter sind unabhängig, wir leben in einer Demokratie. Dabei ist Frankreich eine Demokratie, wo viele kleine Diktaturen sind. Viele Gesellschaftsformen sind diktatorisch.”

Laut dem Schriftsteller hat man in einer echten Diktatur wenigstens etwas zu bekämpfen. Diese heutigen Diktaturen im Kleinen indes seien “unbekämpfbar“. Handke bezeichnete viele bestehende Demokratien denn auch als “Schein-Demokratien”.

Peter Handke (82)IMAGO/Rudolf Gigler

Handke: Lange vor dem Krieg wäre ein Frieden in der Ukraine möglich gewesen

Der Literatur-Nobelpreisträger ließ aber auch mit einem anderen Interview aufhorchen. Gegenüber der “Neuen Zürcher Zeitung” sagte er im Hinblick auf den Ukraine-Krieg kürzlich: “Ich bin sicher, dass in Europa – man darf ja nicht darüber reden – ein Frieden möglich gewesen wäre, lange vor dem Krieg wäre eine Einigung in der Ukraine möglich gewesen.”

Und weiter: “Ich hasse mich selber dafür, wenn ich sage ‘ich bin sicher’, aber ich bin sicher, dass die Europäer Selenski zum Krieg ermuntert haben: ‘Mach nur, mach nur. Wir unterstützen dich.’ Und wofür? Selenski opfert sein Volk, die haben alle genug. Es ist ein furchtbares Leid, das Volk leidet.”

Zum gegenwärtigen Zustand des Erdballs, sagte Handke im Interview mit der “Neuen Zürcher Zeitung” Folgendes: “Verzweiflung, ja, das ist es. Es kommt mir so vor, als hätten wir gerade noch zehn Prozent Akkuladung. So weit sind wir mit der Welt.”

Der gebürtige Kärntner Schriftsteller Peter Handke (82) hat jüngst den Band “Schnee von gestern, Schnee von morgen” vorgelegt, der kürzlich im Suhrkamp-Verlag erschienen ist.

Zum ersten Mal löckte Handke in den 1990er Jahren wider den Stachel des Mainstreams, als er sein literarisches Manifest “Gerechtigkeit für Serbien” veröffentlichte. Entgegen der allgemeinen Verurteilung Serbiens als “Aggressor” im Jugoslawienkrieg (1991-2001), versuchte Handke, das negative Bild über die Serben in der europäischen Öffentlichkeit ins rechte Licht zu rücken. Vergeblich, er wurde in geballter Form angefeindet.