Damit lag eine Verbesserung um zehn Plätze bzw. 3,43 Punkte vor. Die Lage wird weiterhin als “zufriedenstellend” eingestuft. RSF-Österreich-Präsident Fritz Hausjell warnt, dass die “ernste Situation” noch nicht vorbei sei. Die weltweite Lage ist erstmals “schwierig”.

Mit Platz 22 rangiert Österreich so weit oben wie seit 2021 (Platz 17) nicht mehr. Aus den Top Ten flog man bereits 2015. Mit dem nunmehrigen Ergebnis liegt Österreich im Mittelfeld der als “zufriedenstellend” eingestuften Länder zwischen Kanada und Spanien. Die Schweiz (9), Tschechien (10) und Deutschland (11) finden sich weiter oben. In die Top-Gruppe der Länder, in denen es “gut” um die Pressefreiheit bestellt ist, schafften es ausschließlich Länder im nördlichen Europa: Norwegen, Estland, Niederlande, Schweden, Finnland, Dänemark und Irland.

Düstere Lage weltweit

Weltweit ist die Lage aber düster und wurde von RSF erstmals als “schwierig” eingestuft. Denn der Durchschnittswert aller Länder fiel unter 55 Punkte. Die Hälfte der erfassten Länder weist somit eine “schwierige” bis “sehr ernste” Situation auf. Am Ende des Rankings liegen Eritrea, Nordkorea, China, Syrien und der Iran. Russland rutschte um neun Plätze auf Rang 171 ab. Die Türkei landete auf Platz 159. Deutliche Verschlechterungen gab es in Israel (Platz 112), dem Kosovo (99), Argentinien (87) oder auch Kroatien (60).

Laut einer Aussendung seien physische Angriffe auf Journalisten die sichtbarsten Verletzungen der Pressefreiheit, doch speziell wirtschaftlicher Druck sei ein großes, schleichendes Problem. Der Wirtschaftsindikator des RSF-Weltindex ist so niedrig wie nie zuvor. Medienunternehmen in 160 Ländern erreichen finanzielle Stabilität nur mit Schwierigkeiten oder überhaupt nicht. In fast einem Drittel der Länder weltweit seien Nachrichtenagenturen aufgrund finanzieller Schwierigkeiten geschlossen worden. “Ohne wirtschaftliche Unabhängigkeit kann es keine freie Presse geben”, warnte Anne Bocandé, Redaktionsleiterin von RSF International, in einer Aussendung.

Nachrichtenwüsten und Medienkonzentration

In den USA (Platz 57) würden sich weite Regionen bereits in Nachrichtenwüsten verwandeln, in denen es keine Lokalmedien mehr gebe. Auch sorgt eine voranschreitende Medienkonzentration für die Verschlechterung des Wirtschaftsindikators. In 46 Ländern ist das Medieneigentum stark konzentriert, in einigen Ländern werden Medien vollständig vom Staat kontrolliert. Großen Anlass zur Sorge geben laut RSF etwa Russland, Ungarn oder auch Georgien. Aber auch in relativ gut platzierten Ländern wie Australien, Kanada und Tschechien sieht die NGO Handlungsbedarf.

Der Pressefreiheitsindex stützt sich auf fünf Indikatoren (politischer Kontext, ökonomischer Kontext, rechtlicher Kontext, sozio-kultureller Kontext und Sicherheit), wobei etwa (Medien-)Journalisten, (Kommunikations-)Wissenschafter oder auch (Medien-)Anwälte die Lage im Land bewerten. Österreich verbesserte sich bei allen fünf Indikatoren gegenüber dem Vorjahr.

APA/APA

Fördertöpfe sorgen für Plus

Am größten fiel das Plus (4,53 Punkte auf 64,7 Punkte) beim ökonomischen Kontext aus, was laut Hausjell u.a. auf höhere Unterstützungszahlungen im Bereich Qualitätsjournalismus und digitale Transformation sowie die Etablierung der ORF-Haushaltsabgabe zurückzuführen sei. Förderungen für neue und vor allem digitale Medien fehlen aber fast komplett, mahnte der RSF-Österreich-Präsident und merkte kritisch an, dass Boulevardmedien weiterhin den größten Teil der staatlichen Unterstützung erhielten.

Am besten performte Österreich nach Ansicht der Evaluatorinnen und Evaluatoren in puncto Sicherheit (92,55 Punkte). Das sei speziell auf die geringere Anzahl von Protesten und damit weniger gewalttätigen Übergriffen auf Journalisten zurückzuführen, so RSF-Österreich-Generalsekretär Martin Wassermair. Im rechtlichen Kontext verbesserte sich die Lage hierzulande um 3,5 Punkte auf 81,97 Punkte, was etwa auf das Informationsfreiheitsgesetz zurückzuführen ist. Bergauf ging es auch für die sozio-kulturelle Säule (78,77 Punkte). Doch würde ein Teil der Bevölkerung journalistischen Medien zunehmend skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen, was laut Hausjell “auf die Stimmungsmache” der FPÖ zurückzuführen sei, die kritischen Journalismus als “Lügenpresse” oder “Systemmedien” zu delegitimieren versuche.

FPÖ-ÖVP-Verhandlungen als "sehr scharfe Warnung"

Der politische Kontext kam auf 72,59 Punkte. “Dass mit den Koalitionsverhandlungen zwischen Freiheitlichen und Volkspartei im Jänner orban’sche Verhältnisse für Österreich bedrohlich nahegekommen waren, werden wir nicht vergessen dürfen”, sagte Hausjell. Es müsse eine “sehr scharfe und bleibende Warnung” für die nächsten Jahre sein. Wassermair sieht es als große, aber drängende Herausforderung an, die Wertschätzung gegenüber den Medien und deren Wert für die Demokratie zu erhöhen. “Wir sind gut beraten, uns nicht zufrieden zurückzulehnen, nur weil Herbert Kickl und dessen Vorstellungen von Medienpolitik uns erspart geblieben sind. Medienpolitik muss aus ihrem stiefmütterlichen Dasein herausgeführt werden. Für eine resiliente Medienlandschaft muss man Geld in die Hand nehmen”, sagte Wassermair.

“Die Verbesserung im Ranking ist ermutigend, aber kein Freifahrtschein”, reagierte NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter auf die Platzierung Österreichs. Es bleibe viel zu tun, um den Medienstandort nachhaltig zu sichern und unabhängigen Journalismus zu stärken. Brandstötter führte dazu eine “Entparteipolitisierung” des ORF, eine umfassende Stärkung der Medienkompetenz in Schulen und in der Erwachsenenbildung sowie die gezielte Unterstützung von Medien-Start-ups an. Auch arbeite man in der Bundesregierung an einer stärkeren Kooperation zwischen ORF und privaten Medienhäusern, so die NEOS-Politikerin.