
Die ÖVP und das Wahlergebnis: Totalabsturz, doch Wahlziel erreicht
9,6 Prozent für Karl Mahrer bei der Wien-Wahl – weit entfernt vom früheren Erfolg. Eine drohende Anklage und interne Personaldebatten könnten seine Zukunft als Wiener ÖVP-Chef nun gefährden.

Bereits im Vorfeld in Umfragen gnadenlos auf knappe zehn Prozent verdonnert, ist das Ergebnis mit 9,6 Prozent wie vorhergesagt. Die Latte lag allerdings sehr hoch für Karl Mahrer und sein Team: 20,43 Prozent und den zweiten Platz fuhr sein Vorgänger Gernot Blümel ein. Ein Ergebnis, das sicherlich dem Höhenflug der Volkspartei unter Sebastian Kurz geschuldet war, doch mit so einem Wahldebakel, auf den fünften Platz abzustürzen, rechnete niemand in der Lichtenfelsgasse. Doch woran liegt´s?
Der stets kultivierte und höfliche Karl Mahrer ist als ehemaliger ranghoher Polizeibeamter sattelfest in Sicherheitsfragen. Als Ex-Vizepräsident der Landespolizeidirektion Wien und Ex-Landespolizeikommandant von Wien weist Mahrer alle Kompetenzen zu den Themen Sicherheit und Integration auf. Offenbar konnte Mahrer diese Qualifikationen erst im Endspurt seines Wahlkampfes der Öffentlichkeit vermitteln.
Wölbitsch steht nicht mehr zur Verfügung
Statt der Sicherheitsfachmann von Wien zu werden, verzettelte sich Mahrer in teils skurrile Themen wie die Hauptverkehrsader Gürtel in eine Flaniermeile zu verwandeln. Schlecht beraten, zurückzuführen auf ein schlechtes Händchen bei der Personalauswahl.
Seine engsten Mitarbeiter Markus Keschmann und Markus Wölbitsch brachen weg; statt Landesgeschäftsführer wurde die Arbeit mit Keschmann auf eine Beraterebene gehoben; Klubobmann Markus Wölbitsch gab bereits Wochen vor der Wahl bekannt, dass er für eine Wiederwahl nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Mit Wölbitsch verliert die Wiener Volkspartei nicht nur einen diplomatischen Strategen mit einer klaren Ausrichtung und klaren Ansagen, sondern auch die gute Kommunikation mit allen anderen Rathausparteien.
SPÖ-ÖVP-Koalition möglich
Beim Wahlziel hielt sich Mahrer stets bedeckt. Es wurde keine Prozenthürde ausgegeben, sondern gebetsmühlenartig wiederholt, dass man als Juniorpartner der SPÖ in die Stadtregierung einziehen möchte.
Dieses Ziel ist nun erreicht. Da Michael Ludwig eine Koalition mit der FPÖ stets ausgeschlossen hat, könnte die ÖVP trotz Halbierung tatsächlich den Vizebürgermeister stellen. Mit dem aktuellen Koalitionspartner NEOS wäre allerdings eine Fortführung der Koalition nach dem aktuellen Stand ebenfalls möglich.
Bleibt abzuwarten, ob sich Karl Mahrer mit der Prozent-Halbierung an der Spitze der ÖVP-Wien halten kann. Auch ob es personelle Konsequenzen in seinem Team geben wird, bleibt spannend.
Ebenfalls abzuwarten ist die Entwicklung der Wienwert-Anklage. In der Causa Wienwert hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beim Wiener Landesgericht eine umfangreiche Anklage eingebracht, auch Karl Mahrer und seine Ehefrau werden angeklagt. Ein großer Unsicherheitsfaktor, der Mahrers großen Traum vom Vize-Bürgermeister noch platzen lassen könnte.
Wer könnte Mahrer nachfolgen?
Stolpert Mahrer über die Anklage oder das schlechte Abschneiden bei der Wien-Wahl, stellt sich die Frage nach seinem Nachfolger. Die logische Nachfolgerin wäre Laura Sachslehner: Jung, weiblich, bekannt, erfahren und mit klarer Kante. Von Mahrer politisch kaltgestellt, hat die ehemalige Generalsekretärin der ÖVP keine Chance auf ein Gemeinderatsmandat in der nun kommenden Legislaturperiode.
Auch der Floridsdorfer Bezirksvorsteher-Stellvertreter Christian Klar wurde „weggeräumt”. Als Direktor einer Brennpunkt-Mittelschule ist er einer breiten Öffentlichkeit bekannt, die alltäglichen Probleme mit den massiven Integrationsversäumnissen hat Klar in seinem Buch „Was ist los in unseren Schulen?” zusammengefasst. Ein Landesparteiobmann, der die Zustände und Probleme in Wien im Bildungsbereich kennen würde, wie kaum ein anderer Politiker.

Auch der Name Daniel Resch fällt immer wieder als Mahrer-Nachfolger. Doch der Döblinger Bezirksvorsteher ließ bislang keine Absichten auf den Posten des Landesparteiobmanns erkennen. Dafür bringt sich ein anderer Wiener Politiker ins Gespräch: Der Gemeinderat und Landesgeschäftsführer des ÖAAB Wien Hannes Taborsky würde laut Gerüchten gerne die Partei übernehmen.
Von der Hand zu weisen wären diese Ambitionen nicht. In der aktuellen Ausgabe des Magazins „Profil” wird Taborsky als „Ämtersammler” aufgelistet. Zusätzlich Vorstandsmitglied der GÖD, Vermessungstechniker im Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen sowie Aufsichtsrat im Technischen Museum bescheren dem Hobbypiloten ein nettes monatliches Einkommen. Dass nun auch noch die Funktion als Landesparteiobmann dazu kommen könnte, wäre nicht überraschend, auch wenn es als Parteiobmann statt einem Gehalt nur einen Spesenersatz gibt.
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