
Europa will kein Aus für Sanktionen! Dokumente enthüllen Einwände gegen Trump-Plan
Während US-Präsident Donald Trump mit Hochdruck eine Friedenslösung für die Ukraine vorantreibt, stellen sich die Europäer quer. Geheime Verhandlungsdokumente decken auf: Europa blockiert nicht nur territoriale Kompromisse – es will selbst bei einem Waffenstillstand die Russland-Sanktionen beibehalten.

Sanktionen. Für immer? Selbst wenn in der Ukraine ein Waffenstillstand erreicht wird, sollen die Strafmaßnahmen gegen Russland nach EU-Plänen nicht automatisch aufgehoben werden. Stattdessen: Bedingungen, Verzögerungen, Schlupflöcher. Oder einfacher gesagt: Sanktionen bis in alle Ewigkeit.
Das geht aus zwei vertraulichen Dokumenten hervor, die Reuters jetzt einsehen konnte. Sie dokumentieren detailliert die Gespräche zwischen US-amerikanischen, europäischen und ukrainischen Vertretern in Paris am 17. April und in London am 23. April. Damit bieten sie „einen seltenen Einblick in die laufende diplomatische Pendeldiplomatie, während US-Präsident Donald Trump ein rasches Kriegsende anstrebt“.
Europa drückt auf die Bremse – obwohl es sich mit Sanktionen selbst schadet
Die größten Differenzen betreffen territoriale Fragen, Sicherheitsgarantien, die Größe der ukrainischen Streitkräfte – und eben die Sanktionen. Europa will an den Strafmaßnahmen gegen Moskau offenbar festhalten, während die USA eine vollständige Aufhebung anstreben. Besonders pikant: Europa und im Besonderen auch Österreich zählen zu den Hauptleidtragenden dieser Sanktionspolitik, die ihr Ziel – Russlands Vormarsch zu stoppen – nie erreicht hat. Eigentlich sollten ausgerechnet die Europäer ein Interesse an ihrem Ende haben.

Witkoff-Plan – Europas Antwort
Das erste Dokument bezeichnet seine Inhalte als das „endgültige Angebot der Vereinigten Staaten an beide Seiten“. Es enthält die Vorschläge von Trumps Gesandtem Steve Witkoff. Sie wurden den europäischen Vertretern in Paris präsentiert und dann den Ukrainern übermittelt, wie mit den Gesprächen vertraute Personen berichten.
Das zweite Dokument stammt aus Gesprächen zwischen ukrainischen und europäischen Vertretern in London und wurde laut Insidern den Amerikanern übergeben. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte am Donnerstag, er glaube, dass das daraus entstandene Papier mittlerweile auf Trumps Schreibtisch liege.
In so gut wie allen Fragen drücken die Europäer auf die Bremse:

Europa: Keine Anerkennung von russischer Kontrolle über ukrainisches Gebiet
Die Witkoff-Vorschläge sehen vor, dass die USA die russische Kontrolle über die 2014 annektierte Halbinsel Krim rechtlich anerkennen – sowie faktisch auch Russlands Kontrolle über weitere Gebiete im Süden und Osten der Ukraine.
Im Gegensatz dazu verschiebt das europäisch-ukrainische Papier detaillierte Gespräche über Territorien auf die Zeit nach einem Waffenstillstand. Eine Anerkennung russischer Kontrolle über ukrainisches Gebiet ist dort nicht vorgesehen.
Europa will umfassende Sicherheitsgarantien – wie bei NATO-Staat
Das Witkoff-Dokument sieht vor, dass die Ukraine „robuste Sicherheitsgarantien“ von europäischen und anderen befreundeten Staaten erhält – ohne nähere Details. Klar ist aber: Kiew soll nicht mehr versuchen, der NATO beizutreten.
Der Gegenentwurf ist deutlich konkreter: Er sieht keine Einschränkungen für die ukrainischen Streitkräfte vor und erlaubt es auch den Verbündeten der Ukraine, Truppen auf ukrainischem Boden zu stationieren – ein Punkt, der Moskau besonders verärgern dürfte. Überdies schlägt das Dokument Sicherheitsgarantien im Stil von Artikel 5 (NATO-Beistandsklausel) vor, auch durch die USA.
Ohne „nachhaltigen“ (!) Frieden sollen Sanktionen fortbestehen
Die Witkoff-Vorschläge sehen vor, dass alle seit der Krim-Annexion 2014 verhängten US-Sanktionen gegen Russland im Zuge eines Friedensabkommens aufgehoben werden.
Die Gegenentwürfe sehen hingegen nur eine schrittweise Lockerung dieser Sanktionen vor – aber erst nach (!) einem nachhaltigen Frieden. Mit anderen Worten: Mit einem Waffenstillstand allein ändert sich noch nichts. Zudem könnten die Sanktionen wieder in Kraft treten, sollte Russland das Abkommen verletzen.
Überdies fordert das europäisch-ukrainische Papier eine finanzielle Entschädigung für die Kriegsschäden – aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten im Ausland. Das Witkoff-Dokument erwähnt zwar finanzielle Kompensation für die Ukraine, nennt aber keine Geldquelle.
Europa hat es nicht eilig: Diplomaten verstimmt über Trumps Tempo
Immerhin: Sowohl Kiew als auch Moskau versuchen offenbar, Trump zu zeigen, dass sie seine Friedensziele ernst nehmen – nachdem die USA gedroht hatten, sich aus den Vermittlungsbemühungen zurückzuziehen. Selenskyj sprach am Donnerstag von „konstruktiven“ Gesprächen in London, auch wenn sie „nicht einfach“ gewesen seien.
Drei europäische Diplomaten zeigten sich gegenüber Reuters enttäuscht: Sie hätten nach den Pariser Gesprächen gedacht, es gäbe eine solide Grundlage für weitere Verhandlungen. Doch in den Tagen danach sei der Eindruck entstanden, dass die US-Unterhändler unter Druck gesetzt würden, rasch Ergebnisse zu liefern. Das Treffen in London sei schließlich genutzt worden, um eine gemeinsame europäisch-ukrainische Gegenposition zu formulieren, die US-Vertreter Keith Kellogg nach Washington überbringen soll.
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