Serbiens Außenminister Marko Djuric hat den Auftritt seiner österreichischen Amtskollegin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) beim Empfang einer Gruppe serbischer Studenten, die mit einem Ultramarathon von Belgrad nach Brüssel gegen die Regierung von Präsident Aleksandar Vučić protestieren, kritisiert. Djuric sprach in serbischen Medien von “direkter und grober Einmischung in die innenpolitische Lage Serbiens”, wie die italienische Nachrichtenagentur ANSA am Mittwochabend schrieb.

Meinl-Reisinger, die am Dienstag noch in Belgrad war, ermutigte die Protestläufer bei dem Empfang “Am Hof” im ersten Wiener Gemeindebezirk am Mittwochabend in einer Rede auf Englisch, “sich nicht zu schämen”, da “was ihr wollt, auch das ist, was die EU will: Fortschritt, Ergebnisse, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und eine Perspektive für euch alle”, berichtete “Der Standard” (online). Die serbischen Studenten machten im Rahmen ihrer Protestbewegung in Wien Station am Weg nach Brüssel, wo sie ihre Forderungen dem Europäischen Parlament vorlegen wollen.

Serbiens Außenminister Marko DjuricAPA/ TATYANA MAKEYEVA

“Nur einen Tag, nachdem sie in Belgrad herzlich und im Geiste der traditionellen Freundschaft zwischen unseren beiden Ländern empfangen wurde, gibt ein solches Auftreten, das nicht den diplomatischen Grundsätzen entspricht und eine direkte Einmischung in die inneren politischen Angelegenheiten Serbiens darstellt, Anlass zu großer Sorge”, sagte Djuric laut ANSA. Der serbische Außenminister kritisierte weiters, dass Meinl-Reisinger in Wien an einer Veranstaltung teilgenommen hätte, die von Personen organisiert worden seien, die “sich einem institutionellen Dialog widersetzen und zu undemokratischen Mitteln greifen, die soziale Spannungen in Serbien schüren”.

Laut dem serbischen Onlinemedium N1, das am Mittwoch – und in den vergangenen Monaten – die Proteste mit einem Live-Ticker begleitete, hatten sich im Vorfeld rund um den Veranstaltungsort viele Unterstützer aus der serbischen Diaspora versammelt. Ein Mann, der seit zwölf Jahren in Wien lebt, erklärte gegenüber N1, er sei gekommen, “um unsere Studierenden willkommen zu heißen”. Auch ehemalige Teilnehmende der Proteste in Serbien waren vor Ort, berichtete “Der Standard” weiters.

Forderung nach politischen Veränderungen in Serbien

Die serbische Regierung war nach dem Tod von 16 Menschen durch den Einsturz eines Bahnhofvordachs in Novi Sad massiv unter Druck geraten. Nach dem Unglück Anfang November hatten Massenproteste begonnen, die von der Regierung auch mit Rücktritten – unter anderem von Regierungschef Miloš Vučević und zwei Ministern – nicht besänftigt werden konnten. Studierende blockieren bereits seit Monaten die staatlichen Universitäten. Ihren bisherigen Höhepunkt erreichte die Protestbewegung Mitte März durch eine Großkundgebung mit geschätzten 300.000 Demonstranten in Belgrad, die aber abrupt endete. Teilnehmer erhoben daraufhin Vorwürfe gegen die Behörden, eine verbotene Schallkanone eingesetzt zu haben.

Ziel des Staffellaufs ist nicht nur ein symbolischer Gedenkakt für die 16 Todesopfer des Bahnhofsunglücks von Novi Sad, sondern ein internationaler Weckruf. Der Protestlauf ist Teil einer studentisch organisierten Bewegung, die nach der Katastrophe in Novi Sad, die auf Korruption und Pfusch zurückgeführt wird, entstand und eine der größten Protestwellen in der Geschichte Serbiens auslöste.