
Österreichs Neutralität ist in Gefahr! General rechnet mit Regierung ab
Die österreichische Bundesregierung betreibt ein doppeltes Spiel: Öffentlich bekennt sie sich zur Neutralität, faktisch wird sie aber systematisch ausgehöhlt. Diesen Vorwurf erhebt der frühere Generalstabsoffizier Günther Greindl in einem ausführlichen Kommentar für das Online-Magazin Libratus.

Der frühere österreichische Generalstabsoffizier Günther Greindl schlägt in Libratus Alarm: „Die Neutralität stirbt unbemerkt.“ Während die Regierung offiziell an der Neutralität festhalte, betreibe sie in Wahrheit deren schleichende Aushöhlung – so der Vorwurf. Die Bürger würden bewusst getäuscht.
Dabei steht das Volk eindeutig hinter der Neutralität: 74 Prozent der Österreicher wollen laut einer im Jahr 2024 durchgeführten Umfrage neutral bleiben – nur 14 Prozent sprechen sich für einen NATO-Beitritt aus.

Hinweise auf Abkehr im Regierungsprogramm
Greindl sieht im Regierungsprogramm bereits klare Hinweise auf eine Abkehr: „Der wesentliche Bezugsrahmen für die österreichische Außenpolitik wird auch künftig die Zusammenarbeit und Solidarität innerhalb der Europäischen Union sein“, heißt es dort.
Doch genau das sei zum jetzigen Zeitpunkt problematisch. Greindl warnt: „Das Friedensprojekt EU ist jedoch gerade am Entgleisen, sie soll ‚kriegstüchtig‘ werden. Sie verweigert Verhandlungen mit Russland, obwohl sie bei Achtung der Grundsätze der Vereinten Nationen dazu verpflichtet wäre. Die EU verkündet neuerdings die ‚regelbasierte Weltordnung‘, in der anscheinend kein Platz für Diplomatie ist. Niemand weiß, welche Regeln gerade gelten.“

Österreich nicht verpflichtet, an ausschließlich militärischer Lösung mitzuwirken
Besonders heikel ist Österreichs Beteiligung an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU. „Aus juristischer Sicht ist dies eine Änderung der Bundesverfassung, die bewirkt, dass Österreich auch an polizeilichen und militärischen Aktivitäten der EU teilnehmen kann. Die Bevölkerung ist sich dieser Tatsache nicht ausreichend bewusst.“
Dabei hätte Österreich durchaus die Möglichkeit, Maßnahmen abzulehnen, die der UN-Charta widersprechen. „Es erhebt sich die Frage, ob Österreich verpflichtet ist, eine Politik solidarisch mitzutragen, die sich ausschließlich auf eine militärische Lösung eines Konfliktes stützt?“

Größte Gefahr: Abschaffung des Vetorechts in der EU
Besonders besorgniserregend sei in diesem Zusammenhang der Vorstoß in Brüssel, das Einstimmigkeitsprinzip abzuschaffen – das käme dem Ende des österreichischen Vetorechts gleich, und damit dem de-facto-Aus der Neutralität.
In seinem umfassenden Kommentar listet General Greindl konkrete Weichenstellungen auf, wie Österreich seine echte, glaubwürdige Neutralität bewahren und wieder als vermittelnder Akteur auftreten könnte – in Europa wie international.
Oberst Reisner: Mehr Einsatz für glaubwürdige Selbstverteidigung
Oberst Markus Reisner, Militärhistoriker und Leiter des Instituts für Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie, fordert unterdessen mehr Einsatz für eine glaubwürdige Selbstverteidigung. Gegenüber dem Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) betont er: „Österreich und die Schweiz sind im Herzen Europas und wichtige geografische Drehscheiben.“

Ein klassischer Landkrieg sei in Österreich eher unwahrscheinlich. Dafür gibt es wohl auch topografische Gründe: Zwei Drittel Österreichs sind Gebirge und daher schwer zugänglich. Damit ergeben sich wenige geeignete Routen für größere Truppenbewegungen. Die größte Bedrohung gehe laut Reisner von Luftangriffen oder Cyberattacken mit potenziellen Blackouts aus. Auch ein Angriff aus der Luft könnte auch unabsichtlich geschehen. Vor wenigen Jahren landete etwa eine ukrainische Drohne irrtümlich im Zentrum von Zagreb – ein Kurswechsel um 180 Grad. Der exxpress berichtete.
„Sollten unser Schicksal selbst in die Hand nehmen“
Zudem würden moderne Kriege zunehmend über organisierte Kriminalität und Cyberagenten geführt: „Es gibt diesen Begriff der ‚Wegwerfagenten‘. Das sind Agenten, die quasi um billiges Geld angeworben werden. Das gilt natürlich auch für den Cyberraum.“ Solche Angriffe könnten massiven wirtschaftlichen Schaden verursachen.
Reisners klares Fazit: „Aus meiner Sicht sollten wir unser Schicksal daher selbst in die Hand nehmen und dafür sorgen, dass wir umfassend in der Lage sind, uns auch tatsächlich verteidigen zu können.“
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