Chaos in Bukarest – und Rumäniens Top-Kandidat schlägt Alarm: George Simion, Chef der nationalkonservativen Partei „Allianz für die Vereinigung der Rumänen“ (AUR) und Favorit bei der Präsidentschaftswahl am 4. Mai 2025, warnt im exklusiven Interview mit exxpressTV vor einem „Staatsstreich in Rumänien!“

Im Gespräch mit exxpress-Redakteur Stefan Beig rechnet Simion ab – mit dem Establishment, dem Verfassungsgericht, der EU und auch mit Österreich: Das Schengen-Veto von Kanzler Nehammer habe die Beziehungen massiv belastet. Aktuell sorgt zudem ein OMV-Gasprojekt im Schwarzen Meer für Spannungen. Große Hoffnungen setzt Simion auf die Friedensgespräche zwischen Donald Trump und Wladimir Putin.

Simion (r.) im TV-Interview mit Ștefan Beig (l.)exxpressTV/Screenshot

Wahl aufgehoben – „Das Volk wurde ignoriert“

Rumänien durchlebt turbulente Zeiten. Im November 2024 gewann der umstrittene Kandidat Călin Georgescu überraschend die erste Runde der Präsidentschaftswahl – obwohl er Wochen zuvor noch bei einem Prozent lag. Kurz darauf wurde die Wahl vom Verfassungsgericht annulliert. Die Begründung: angebliche russische Einmischung und illegale Wahlkampffinanzierung.

Doch Simion hält das für vorgeschoben: „Der Bericht sagt nichts über Russland. Die angebliche Finanzierung kam von der nationalliberalen Partei – nicht vom Ausland.“ Überdies: „Ich will Beweise sehen! Wenn es Beweise gibt, bin ich der Erste, der das anerkennt. Aber es gibt keine.“

Simions Vorwurf: Die Wahl sei gekippt worden, weil das Volk „gegen das Establishment gestimmt hat – und das wurde nicht akzeptiert“.

Ex-Präsidentschaftskandidat Calin Georgescu (Bild) ging als Wahlfavorit in die Stichwahl, doch das Verfassungsgericht annullierte den ersten Wahlgang.GETTYIMAGES/Andrei Pungovschi / Freier Fotograf

Kandidaten ausgeschlossen – „Wie in Belarus“

Nicht nur die Wahl wurde aufgehoben – auch mehrere Kandidaten wurden anschließend ausgeschlossen, darunter Georgescu und die nationalistische EU-Kritikerin Diana Șoșoacă. Ihre Ansichten zur NATO seien „verfassungswidrig“.

Simion, der sich von Șoșoacăs Ansichten distanziert, kritisiert auch das: „Man kann niemanden ausschließen, nur weil er die NATO kritisiert!“ So etwas kenne „man aus Belarus oder Venezuela – aber nicht aus einer Demokratie!“

Der Spitzenkandidat fordert: „Jeder Bürger hat das Recht zu wählen – und gewählt zu werden.“

Simion (r.) steht auf der Bühne neben Georgescu (l.) bei einer Kundgebung am 1. März 2025 in Bukarest gegen die Regierung.GETTYIMAGES/Andrei Pungovschi / Freier Fotograf

TikTok statt Kreml: Wer ist Georgescu?

Georgescu, so Simion, sei kein Mann Moskaus, sondern schlicht viral gegangen: „Er war auf TikTok sehr beliebt – so wie ich. Es geht nicht um Russland, sondern um Algorithmen.“ Fazit: „Die Menschen haben genug vom System – sie wollen Veränderung.“

Macron unter Verdacht: „Frankreich mischt sich ein“

Simion erhebt auch brisante Vorwürfe gegen Frankreich: „Der französische Botschafter hat Mitglieder des Verfassungsgerichts besucht – das ist höchst undiplomatisch!“ Und: „Macrons Leute wollen mitbestimmen, wer in Rumänien regiert.“

Der französische Präsident unterstützt Nicușor Dan, den Bürgermeister von Bukarest und ein Gegenkandidat Simions bei den Präsidentschaftswahlen.

Auch der französische Präsident Emmanuel Macron mischt sich in Rumäniens Wahlen ein, kritisiert Simion.APA/AFP/POOL/Ludovic MARIN

Ukraine-Krieg: „Wir brauchen Frieden, nicht Zensur“

George Simion verurteilt Putins Angriff, warnt aber vor einer einseitigen Haltung: „Wir wollen keinen eingefrorenen Konflikt wie in Transnistrien oder Abchasien.“ Allerdings kritisierte er auch Kiew wegen der Lage der Minderheiten im Land: „Die Ukraine muss auch die Rechte der rumänischen Minderheit achten – so wie wir das mit den Ukrainern tun.“

Trump als Hoffnungsträger

Simion setzt auf Donald Trump: „Ich hoffe und bete, dass Trump einen gerechten Frieden bringt – im Sinne eines Pax Americana.“

Er steht nach eigenen Angaben in Kontakt mit dem Team von Trump-Vize J.D. Vance und Elon Musk: „Sie mischen sich nicht ein – aber sie wissen, was bei uns passiert.“

Simion (r.) hofft auf Trump.exxpressTV/Screenshot

Die EU-Armee ist ein Hirngespinst“

Die Aufrüstungspläne von Ursula von der Leyen hält Simion für gefährlich: „Brüssel war bisher nicht einmal gut im Wirtschaften – wie soll es eine Armee aufbauen?“ Was es brauche, das seien „starke Nationalarmeen, nicht ein Super-Bundesstaat-Projekt!“

Ebenso attackiert der Politiker Brüssels Green Deal: „Der Green Deal ruiniert Europas Wirtschaft und verwirrt die Köpfe der Menschen.“

Scharfe Kritik an Nehammer: „Imperialistische Reflexe gegen Rumänien“

George Simion betont grundsätzlich das positive Verhältnis zu Österreich, das auf gegenseitigem Nutzen basieren sollte. Doch er spart nicht mit scharfer Kritik am ehemaligen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), der sich geweigert hatte, den Schengenraum auf Rumänien auszuweiten.

„Die Haltung der damaligen rumänischen Regierung zu Nehammers Entscheidung hätte härter sein müssen. Ich verlange Respekt für mein Land und für meine Nation. Und ich sage vielen Politikern in Wien, dass man keine imperialistischen Reflexe haben darf. Einige benehmen sich unhöflich, als ob Rumänien ihr Territorium wäre. Einige verhalten sich so, als ob wir wieder das österreichisch-ungarische Kaiserreich hätten.“

Dass Trump (r.) mit Putin (l.) spricht, begrüßt Simion. Als Nachbar der Ukraine ist er direkt vom Krieg betroffen.APA/AFP/Alexey NIKOLSKY and NICHOLAS KAMM

OMV im Visier: „Österreich darf Rumänien nicht wie eine Kolonie behandeln“

Spannungen gibt es auch wegen der Joint Ventures der OMV mit dem rumänischen Ölkonzern Petrom. Es geht um die Mehrheitsverhältnisse: „Österreich hat vom Geschäft mit dem rumänischen Erdgas, mit dem rumänischen Öl und den Bodenschätzen massiv profitiert, vor allem die OMV. Zum Zeitpunkt, als die OMV die Mehrheit an Petrom zurückkaufte, war sie ein kleineres Unternehmen als Petrom. Nun will ich die Mehrheit an Petrom zurückkaufen. Wir sollten die Beziehungen zwischen Rumänien und Österreich unter anständigen Bedingungen fortsetzen.“ Und: „Wir sind keine Kolonie – und ja: Man kann Verträge neu verhandeln!“

„Sind keine Kolonie“: Simion kritisiert das imperialistische Gehabe einiger Politiker in Wien.exxpressTV/Screenshot

„Wir sind Rumäniens MAGA-Bewegung“

Simion sieht seine Partei auf einer Linie mit der Make America Great-Bewegung: „Wir glauben an Gott, an die Freiheit, an die natürliche Familie.“

Im europäischen Vergleich sieht er sich an der Seite von Giorgia Meloni in Italien und der PiS in Polen: „Wir stehen zum Volk.“