
Kommandozentrale in Brüssel? Merz & Weber wollen EU zur Militärmacht machen
Wenn es nach Merz und Weber geht, soll die EU zum Verteidigungsbündnis werden, das mit einer einzigen Stimme spricht. Das müsse Europas Antwort auf Putin und Trump sein, erklärten beide beim EVP-Kongress. Die FPÖ schlägt Alarm: Österreichs Neutralität steht auf dem Spiel.

Beim EVP-Kongress am 29. und 30. April in Valencia machten Friedrich Merz (CDU) und EVP-Chef Manfred Weber (CSU) klar, wohin die Reise gehen soll: Die EU müsse eine Militärmacht werden – mit einer Stimme und einer zentralen Führung. Als Antwort auf Putin. Und auf Trump.

Weber, gerade mit großer Mehrheit wiedergewählt, beanspruchte für die EVP die Führungsrolle im Kampf gegen „Populisten“. Zentral sei für die EU nun militärische Stärke. „Die wichtigste Aufgabe unserer Generation, und alle führenden Politiker haben es heute in ihren Reden betont, ist eine gemeinsame Verteidigungs- und Außenpolitik“, erklärte er. Der Grund: Russlands Angriffskrieg und die schwindende Unterstützung der USA für Kiew.
Merz: „Jetzt ist die Stunde Europas“
Auch Merz, der persönlich nach Valencia gereist war, blies ins gleiche Horn: Die EU müsse ein Verteidigungsbündnis werden – und „mit einer Stimme“ sprechen. Seine Begründung: Die US-Regierung sei unzuverlässig, Donald Trump stelle die transatlantische Partnerschaft auf die Probe. Jetzt sei die Stunde Europas gekommen.
„Wir müssen gemeinsam handeln, indem wir gemeinsame Entscheidungen treffen und mit einer Stimme sprechen“, forderte Merz – vor allem in der Verteidigungspolitik. „Wir Europäer müssen in der Lage sein, uns besser als in der Vergangenheit zu verteidigen.“
Kritik aus Osteuropa: Ende der Souveränität?
Doch ein militärisch geeintes Europa ist ohne die Abschaffung des Vetorechts kaum vorstellbar – und genau davor warnen Kritiker eindringlich. Für Österreich würde ein solcher Schritt das Ende der Neutralität bedeuten, andere Länder fürchten zudem um ihre nationale Souveränität. Besonders deutlich äußerten sich Ungarns Premier Viktor Orban und der slowakische Regierungschef Robert Fico – der exxpress berichtete.
Bei einem gemeinsamen Treffen in Bratislava warnten beide Regierungschefs vor einem fatalen Dammbruch: Das Einstimmigkeitsprinzip dürfe nicht fallen. Orban stellte klar: „Ein Ende des EU-Einstimmigkeitsprinzips würde bedeuten, die Souveränität unserer Staaten zu leugnen.“ Und Fico ergänzte unmissverständlich: „Die Abschaffung des Vetos wäre ein Schritt zur Abschaffung der Union.“
Merz kündigt weitere Ukraine-Unterstützung an
Friedrich Merz nutzte die Bühne in Valencia überdies für eine klare Botschaft an Moskau – und wohl auch an Washington. Er bekräftigte die ungebrochene Unterstützung für die Ukraine: „Wenn andere Länder die Werte nationaler Souveränität, der Unverletzlichkeit von Grenzen, der Freiheit und der Demokratie infrage stellen, werden wir desto fester für diese Werte eintreten.“ Zwischen den Zeilen war klar: Gemeint war nicht nur Russland, sondern auch Donald Trump.

FPÖ-Vilimsky warnt vor „Militarisierung Europas“
Scharfe Kritik an den EVP-Plänen kam prompt von der FPÖ. EU-Delegationsleiter Harald Vilimsky sprach von einem „gefährlichen Irrweg“, den die Volkspartei einschlage. Ihm zufolge habe die EVP beim Kongress in Valencia „unmissverständlich klargemacht, wohin die Reise gehen soll: weg vom Friedensprojekt Europa, hin zur Aufrüstung, Militarisierung und Machtkonzentration in Brüssel“.
Die von Weber geforderte „echte Europäische Verteidigungsunion“ bedeute für Vilimsky einen klaren Bruch mit dem bisherigen Selbstverständnis Europas. Anstatt sich um reale Probleme wie Inflation oder illegale Masseneinwanderung zu kümmern, wolle man die EU „zur militärischen Großmacht umformen – auf Kosten der nationalen Souveränität und der Neutralität, wie sie etwa in Österreich tief verwurzelt ist“.

„Brüssel würde zum sicherheitspolitischen Entscheidungsträger“
Vilimsky zeigte sich auch vom geplanten gemeinsamen Verteidigungsmarkt und der außenpolitischen „Einheitsstimme“ entsetzt. „Was die EVP anstrebt, ist ein zentral gesteuertes EU-Militärbündnis, das ohne demokratische Legitimation nationale Kompetenzen aushebelt“, kritisierte er. „Damit würde Brüssel zum sicherheitspolitischen Entscheidungsträger werden – über die Köpfe der Mitgliedsstaaten hinweg.“
Ein solches Vorgehen könne nur funktionieren, wenn das Einstimmigkeitsprinzip im Rat abgeschafft werde – was einem „gefährlichen Dammbruch“ gleichkäme. „Das würde jede außenpolitische Eigenständigkeit der Nationalstaaten untergraben.“
„Letzte Verteidigungslinie gegen Brüsseler Machtfantasien“
Der FPÖ-EU-Abgeordnete stellte klar: „Weder Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen noch der EVP-Parteichef Manfred Weber dürfen in außen- oder sicherheitspolitischen Fragen über Österreich hinweg entscheiden.“ Beide stünden exemplarisch für ein Politikverständnis, „das auf zentrale Steuerung setzt und nationale Kompetenzen zunehmend aushebelt“.
Sein Fazit: „Gerade deshalb ist das Einstimmigkeitsprinzip im Rat unverzichtbar – es ist die letzte Verteidigungslinie gegen machtpolitische Fantasien, die Souveränität und demokratische Selbstbestimmung der Nationalstaaten gefährden. Wer dieses Prinzip in Frage stellt, stellt die Grundpfeiler eines Europas der souveränen Demokratien zur Disposition – und genau das gilt es zu verhindern.“
Kommentare